Einleitung - Die Schublade
Der Mensch wird in diese Welt geboren. Seit diesem Moment empfängt er jegliche Art von Einfluss. Die Erziehung der Eltern, Verwandten und Bekannten, die Schulbildung, die Erlebnisse mit Freunden, Erfahrungen in der Liebe, Schmerz und Verlust, Enttäuschung, Gewalt. Das Verhalten in der Gruppe, die Zugehörigkeit, die Stellung, das Führen und geführt werden. Alles formt ihn permanent und dauerhaft. Das Denken wird ihm von Kindesbeinen als Allheilmittel als einziges Werkzeug der Entscheidung vermittelt, die Logik der heilige Gral.
Jede Erfahrung, jedes Gelernte, jede Erkenntnis, jedes Vorurteil, jedes Ereignis bildet eine Erinnerung: eine Schublade. Diese Schubladen dienen dem Menschen als Wiederkennung, als Orientierung und als Entscheidungshilfe. Die Schubladen werden ständig und durch jede Form der Wahrnehmung gebildet. Die Erzählung eines Freundes, eine überzeugende Dokumentation, ein bewegender Spielfilm nach wahren Gegebenheiten, die Rede eines Politikers im Parlament, die Weissagungen eines indischen Gurus, die Autobiografie eines Hundertjährigen, die Worte des großen Vorbilds, die persönlichen Grüße eines Stars. Alle bilden neuen Schubladen. Eine für jedes Ereignis. Umso älter und gebildeter der Mensch wird, umso mehr Schubladen stehen ihm zur Verfügung.
Beginnt der Mensch sein Leben steht ihm keine Schublade für eine Entscheidung voraus. Er entscheidet frei, ohne Richtig oder Falsch. Ab dem Moment, in dem Sie einem Kind einen Vogel erklären, kann es nie wieder einen Vogel sehen. Anders gesagt: Ab dem Moment Ihrer ersten Schublade, sehen Sie nur noch Ihre Schubladen.
Testen Sie selbst! Gehen Sie raus in den Park und beschreiben Sie, was Sie sehen. Sie sehen nicht nur Bäume, Sie sehen Eichen, Buchen, Ahorn, Pappeln. Sie sehen frisch geschnittenen Sport- und Freizeitrasen, eine frisch gestrichene Parkbank aus Hartholz mit TÜV-Siegel 2024 in Standartgröße. Sie sehen Menschgruppen, Familien, Singles, Geschäftsleute, Neureiche, Obdachlose. Sie sehen die Vergangenheit und die Zukunft jedes einzelnen Menschen im Park. Sie haben für jeden Moment eine passende Schublade. Sie fühlen sich gut, Sie fühlen sich sicher, alles ist klar, weil Sie „wissen“. Jeder Mensch sollte das erfahren, man kann Sie fragen, Sie helfen gerne.
Die von uns erschaffenen Schubladen sind reine Speicher von Erinnerungen aus unserer und deren anderen Vergangenheit. Sie symbolisieren das Prinzip des Denkens. Jede Schublade beinhaltet keinen Wert, keine Wirklichkeit, keine Einteilung nach Richtig oder Falsch. Nur eine subjektive Erinnerung an Geschehenes oder Berichtetes. Unser Denken benötigt diese Schublade zum Existieren. Wir nehmen wahr, erkennen eine ähnliche Schublade und ordnen sie dem Geschehenen zu. Dieser Moment ist jetzt vom Denken der Schublade Nummer 175.729.508 zugeordnet, dessen Ähnlichkeit unserer Meinung nach am höchsten ist. Wir wissen nun, was wir in diesem Fall zu „bedenken“ haben. Alle Schubladen, die an die Schublade Nummer 175.729.508 angeschlossen sind, wurden bereits vom Denken aktiviert, von Sekunde zu Sekunde werden wir vom Schubladenerkennen überflutet. Immer klarer wird unsere Meinung des Bildes aus unserer Wahrnehmung. Das Denken hat die Situation für uns verarbeitet. Uns wurde mitgeteilt, dass es ein Vogel ist.
Wann haben Sie das letzte Mal etwas Neues entdeckt?
Wann haben Sie das letzte Mal in einer Sache Ihre Meinung geändert?
Wann haben Sie das letzte Mal einen Baum betrachtet?
Wann haben Sie das letzte Mal einen Vogel gesehen?
Fortsetzung folgt...
Die gesamten Fassung des bisher veröffentlichten Textes finden Sie hier: Die Entwicklung einer Idee.